Fließpressen
Unter Fließpressen versteht man ein Fertigungsverfahren des Massivumformens, bei dem durch eine Presse eine hohe Kraft auf ein Werkstück ausgeübt wird und der Werkstoff eingeschlossen zum Fließen gebracht wird. Dies geschieht durch das Durchdrücken eines Rohteils zwischen Werkzeugteile, wodurch einzelne Formteile erzeugt werden.
Nicolas Heck
Kurz erklärt: Was ist Fließpressen?
Beim Fließpressen handelt es sich um eine verhältnismäßig junge Technologie, die ursprünglich zur Fertigung von Tuben aus Blei und Zinn verwendet wurde. Während zu Beginn nur Nichteisen-Metalle fließgepresst werden konnten, kommt das Verfahren seit den 1950ern für die Fertigung verschiedenster Bauteile aus Stahl zum Einsatz.
Das Fließpressverfahren gehört nach DIN 8582 und DIN 8583 zu der Untergruppe Durchdrückverfahren in der Gruppe Druckumformen. Dabei wird je nach Wirkrichtung der Maschine und dem der daraus resultierenden Richtung des Werkstoffflusses zwischen Vorwärts-, Rückwärts- und Querfließpressen unterschieden.Fließpressen kann sowohl kalt als auch warm durchgeführt werden. Durch Erwärmung kann die Fließspannung des Materials reduziert und das Umformvermögen erhöht werden, wodurch die erforderliche Umformkraft optimiert wird.
Wie läuft das Fließpressen ab?
Beim Fließpressen werden Metallrohlinge durch einen einstufigen oder mehrstufigen Fertigungsvorgang in Hohl- und Vollkörper umgeformt. Dazu wird ein vorgeformter Metallrohling, oft ein zylindrischer Block aus Metall, in eine Presse eingelegt und dann unter hohem Druck durch eine speziell geformte Matrize gepresst. Das Werkstück ist dabei durch Matrize und Stempel umschlossen und wird gezwungen, über die entsprechenden Öffnungen der Matrize auszuweichen, wenn der aufgebrachte Druck hoch genug ist.
Flexibler als Fließpressen: Axialformen und Rundkneten bei Felss
Während beim Fließpressen Metall durch eine Matrize gepresst wird, um Teile mit hoher Festigkeit und Maßgenauigkeit zu erzeugen, wendet Felss spezialisierte Kaltumformverfahren wie Rundkneten und Axialformen an. Diese Techniken erlauben die Herstellung komplexer Bauteile mit variablen Durchmessern (Rundkneten) sowie länglichen und komplexen Profilen (Axialformen), die besonders in der Automobilindustrie, Medizintechnik und anderen hoch spezialisierten Branchen gefragt sind.
Durch Rundkneten und Axialformen kann eine präzise Kontrolle über die Geometrie der Teile gewährleistet werden, was zu verbesserten mechanischen Eigenschaften führt, ohne die Notwendigkeit für intensive Nachbearbeitung. Die Fähigkeit, festere und schwieriger umzuformende Materialien zu bearbeiten, spricht zudem für die Effizienz und Nachhaltigkeit dieser Verfahren.
Kalt- und Warmfließpressen – Vorteile und Einsatzgebiete
Der Fließpressprozess kann kalt, warm oder halbwarm durchgeführt werden, je nach Material und gewünschten Eigenschaften des Endprodukts. Entscheidend ist, ob das Rohteil über Raumtemperatur hinaus erwärmt wurde. Beim Kaltfließpressen verbleibt das Metall bei Raumtemperatur, was durch Kaltverfestigung zu einer höheren Festigkeit des fertigen Teils führt. Beim Warmfließpressen hingegen wird das Metall vor der Umformung erhitzt, um das Umformvermögen zu erhöhen und/oder die benötigten Kräfte zu reduzieren.
Kaltfließpressen: Kaltverfestigung für höhere Festigkeit
Durch das Fließpressen bei Raumtemperatur kann die Kaltverfestigung einsetzen, bei der sich die Versetzungsdichte im Kristallgitter erhöht, wodurch die Zugfestigkeit und Härte des fertigen Teils erhöht werden. Dieses Verfahren ist besonders geeignet für Materialien, die bei Raumtemperatur ausreichend plastisch verformbar sind und niedrige Streckgrenzen aufweisen. Kaltfließgepresste Teile weisen außerdem oft eine sehr gute Oberflächenqualität und Präzision auf, da sie keine Erwärmung erfahren haben.
Warmfließpressen: Weniger Kraftaufwand, höheres Umformvermögen harter Materialien
Wenn eine Erwärmung des Werkstücks vor der Umformung durchgeführt wird, um dessen Umformbarkeit zu verbessern und den erforderlichen Kraftaufwand für die Umformung zu reduzieren, spricht man von Warmfließpressen. Dieses Verfahren wird häufig für Materialien verwendet, die in kaltem Zustand schwer zu formen sind, wie einige Stahlsorten und Legierungen. Durch das Warmfließpressen lassen sich Formen mit geringerem Kraftaufwand als beim Kaltfließpressen realisieren. Allerdings kommt es zu einer geringeren Oberflächenqualität und zur Verzunderung am fertigen Teil.
Unterschiede im Fließpressen: Geometrie und Werkstoffflussrichtung
Fließpressen wird nach zwei Hauptkriterien unterteilt: der Geometrie der Pressteile und der Richtung des Werkstoffflusses in Bezug auf die Werkzeughauptbewegung.Daraus leiten sich die folgenden Verfahren ab.
Geometrie der Pressteile
- Vollfließpressen: Bei diesem Verfahren wird der Querschnitt des Rohteils nicht durch Aussparungen reduziert. Das bedeutet, dass das gesamte Material des Rohlings in die Formgebung einbezogen wird, wodurch massive, kompakte Bauteile entstehen.
- Hohlfließpressen: Hierbei werden Bauteile mit inneren Hohlräumen erzeugt. Der Prozess beinhaltet das Pressen des Materials um einen Dorn herum, wodurch Hohlkörper wie Rohre, Hülsen oder Behälter entstehen.
- Napffließpressen: Dies ist eine spezielle Form des Hohlfließpressens, bei dem napfförmige Teile mit tiefen, hohlförmigen Strukturen entstehen. Diese Technik wird oft zur Herstellung von Produkten verwendet, die eine tiefe und gleichmäßige Form benötigen.
Richtung des Werkstoffflusses
- Vorwärtsfließpressen: Beim Vorwärtsfließpressen bewegen sich der Werkstofffluss und die Stempelbewegung in dieselbe Richtung. Dies ermöglicht eine gleichmäßige Materialverteilung und ist besonders gut geeignet für die Herstellung von langen, zylindrischen Teilen wie Wellen und Bolzen.
- Rückwärtsfließpressen: Beim Rückwärtsfließpressen fließt das Material entgegen der Stempelbewegung. Dieses Verfahren eignet sich für Bauteile mit komplexen inneren Strukturen, da es eine bessere Kontrolle über die Materialverteilung bietet. Typische Anwendungen sind Teile wie Hülsen und Behälter mit engen Toleranzen.
- Querfließpressen: Beim Querfließpressen fließt der Werkstoff quer zur Stempelbewegung. Diese Methode wird verwendet, um asymmetrische oder nicht-zylindrische Formen herzustellen. Sie ist ideal für die Produktion von Teilen mit komplexen Querschnitten und variablen Geometrien.
Fließpressen: Das Verfahren und die Werkzeuge
Fließpressen wird in mehreren spezifischen Schritten durchgeführt, um aus einem Rohteil ein präzises und hochwertiges Werkstück zu erzeugen. Die grundlegenden Schritte umfassen die Vorbereitung des Rohlings, die Einrichtung der Presse, den eigentlichen Fließpressvorgang sowie die Entnahme und Nachbearbeitung des Werkstücks.
Vorbereitung des Rohlings
Der erste Schritt im Fließpressen ist die Auswahl des geeigneten Materials für das zu fertigende Teil, wobei die Anforderungen an Festigkeit und Duktilität im Vordergrund stehen. Die Form und Größe des Rohlings werden entsprechend den Anforderungen des Fließpressverfahrens angepasst. Zylindrische Formen werden häufig verwendet, die durch Absägen oder Scherschneiden von dickem Draht oder Stangen hergestellt werden. Je nachdem, ob das Verfahren kalt oder warm durchgeführt wird, bleibt der Rohling entweder bei Raumtemperatur oder wird vorgewärmt, um seine Umformbarkeit zu erhöhen. Ein wichtiger Aspekt in dieser Phase ist die Schmierung oder Beseifung der Teile, um die Reibung während des Umformprozesses zu minimieren.
Einrichtung der Presse
Für den Pressvorgang wird eine speziell ausgelegte Matrize verwendet, die die Öffnungen aufweist, durch die der Werkstoff fließen soll. Diese Matrize wird im Presswerkzeug installiert und ist aufgrund der hohen Innendrückearmiert, um der Umformung standzuhalten. Der Stempel, der den Rohling in die Matrize drückt, wird so konfiguriert, dass er die Kraft und Bewegung des Pressenstößels optimal überträgt. Die Matrize bleibt ortsfest, während der Stempel durch die Presse bewegt wird.
Entnahme und Nachbearbeitung
Nach dem Pressen wird das Werkstück aus der Matrize entnommen, was manuell oder automatisiert erfolgen kann. Die Qualitätskontrolle prüft anschließend das fertige Teil auf Maßgenauigkeit, Oberflächenbeschaffenheit und Übereinstimmung mit den vorgegebenen Spezifikationen.
Typische Komponenten
Ein typischer Fließpressvorgang umfasst mehrere wesentliche Komponenten: den Stempel, die Pressbüchse, das Werkstück, den Aufnehmer, den Auswerfer, den Gegenstempel, die Matrize und den Dorn. Die Krafteinleitung erfolgt meist über einen starren Stempel, kann jedoch in Sonderfällen auch durch Wirkmedien wie Wasser oder Öl erfolgen. Die Verfahren können bei Raumtemperatur (Kaltfließpressen) oder nach vorherigem Anwärmen des Rohteils (Halbwarm- und Warmfließpressen) durchgeführt werden, um die Materialeigenschaften und die Umformbarkeit zu optimieren.
Anwendungsbereiche des Fließpressens
Aufgrund seiner Fähigkeit, komplexe Formen mit hoher Präzision und glatten Oberflächen zu erzeugen, findet das Fließpressen insbesondere in der Automobilindustrie, Elektronik sowie in der Medizintechnik Anwendung.
Automobilindustrie
Getriebeteile, Achsen, Naben oder Bolzen sind nur einige Beispiele von Komponenten, die mittels Fließpressen für die Automobilindustrie gefertigt werden. Die Teile profitieren von der hohen Festigkeit und Beständigkeit, die durch das Kaltumformverfahren erzielt werden, was für die Sicherheit und Langlebigkeit von Fahrzeugkomponenten entscheidend ist.
Elektronikindustrie
Fließgepresste Werkstücke finden auch in der Elektronikindustrie Anwendung, insbesondere als präzise Metallgehäuseteile für elektronische Bauteile. Die Präzision des Fließpressens ist entscheidend für die Miniaturisierung von Komponenten, wobei eine hohe Oberflächenqualität und Genauigkeit erforderlich sind. Beispiele hierfür sind Batterie- und Sensorgehäuse sowie Kühlkörper.
Medizintechnik
In der Medizintechnik werden fließgepresste Teile aufgrund ihrer hohen Präzision und der Möglichkeit, komplexe Geometrien herzustellen, geschätzt. Anwendungen umfassen Instrumente, Gehäuse für medizinische Geräte und Implantate, die von der hohen Festigkeit und Biokompatibilität der durch Fließpressen hergestellten Teile profitieren.
Kurz zusammengefasst: Fließpressen
Fließpressen ist ein Fertigungsverfahren des Massivumformens, bei dem durch hohen Druck Material zum Fließen gebracht und in verschiedene Formen umgewandelt wird. Es wird basierend auf der Geometrie der Pressteile (Voll-, Hohl- und Napffließpressen) und der Richtung des Werkstoffflusses (Vorwärts-, Rückwärts- und Querfließpressen) unterteilt.
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