Autor: Nicolas Heck Coordinator Marketing & Communications
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Festigkeit

Festigkeit ist eine der zentralen Eigenschaften von Materialien, die maßgeblich deren Belastbarkeit bestimmt. Ob im Maschinenbau, der Automobilindustrie oder in der Luft- und Raumfahrt – überall spielt die Festigkeit eine Schlüsselrolle. Sie bestimmt, wie widerstandsfähig ein Material gegen unterschiedliche Beanspruchungen ist und trägt so zur Sicherheit, Langlebigkeit und Effizienz von Bauteilen bei. 

Was ist Festigkeit? – Grundlagen und Definition

Festigkeit ist eine Werkstoffeigenschaft und bezeichnet die Fähigkeit eines Materials, Belastungen zu widerstehen, ohne dabei dauerhaft verformt oder zerstört zu werden. Es ist ein Maß für die Widerstandskraft gegen unterschiedliche Formen von Belastungen. Ein Versagen eines Materials kann eine plastische Verformung oder auch ein Bruch sein. Je höher also die Festigkeit, desto stärker kann das Material mechanisch belastet werden. 

Welche Arten von Festigkeit gibt es?

Die Festigkeit lässt sich in mehrere Typen unterteilen, je nachdem, welche Art von Belastung auf das Material wirkt. Jede Festigkeitsart beschreibt eine spezifische Fähigkeit eines Materials, sich gegen eine bestimmte Kraft zu behaupten.

Zugfestigkeit und Druckfestigkeit

Zug- und Druckfestigkeit beschreiben die Widerstandskraft eines Materials gegen axiale Kräfte. Während die Zugfestigkeit misst, wie gut ein Material einer Zugkraft standhält, also einer Kraft, die das Material auseinander zieht, gibt die Druckfestigkeit an, wie widerstandsfähig ein Material gegenüber Druckkräften ist, also Belastungen, die das Material zusammendrücken. Der sogenannte Zugversuch, bei dem die Zugfestigkeit gemessen wird, ist das gängigste Prüfverfahren der Festigkeit.

Eine Grafik verdeutlicht die Unterschiede zwischen Zugfestigkeit und Druckfestigkeit.

Biege- und Knickfestigkeit

Biege- und Knickfestigkeit beschreiben das Verhalten von Materialien bei Belastungen, die Verformungen der Längsachse bewirken, sind aber stark abhängig von der Geometrie und Länge des Bauteils.

Die Biegefestigkeit bezieht sich darauf, wie gut ein Material einer Biegung durch Belastung quer zur Längsachse widersteht. Dies ist besonders wichtig für Bauteile wie Träger, Wellen und Achsen, die hohe Biegefestigkeit benötigen, um sich unter Belastung nicht zu verbiegen. Dagegen beschreibt die Knickfestigkeit die ertragbare Druckbelastung entlang der Längsachse, bevor es zur Knickung kommen kann. Diese wird zusätzlich durch die Lagerungssituation des Bauteils beeinflusst.

Eine Grafik verdeutlicht die Unterschiede zwischen Biegefestigkeit und Knickfestigkeit.

Scher- und Torsionsfestigkeit

Die Scherfestigkeit betrifft die Fähigkeit eines Materials, seitlich entgegengesetzten Kräften zu widerstehen. Sie beschreibt also, wie gut ein Material einer Verschiebung von Materialschichten gegeneinander standhalten kann, bevor es versagt oder bricht. Ein Beispiel sind Bolzen und Schrauben, die häufig hohen Scherkräften standhalten müssen, um Bauteile sicher zu verbinden.

Die Torsionsfestigkeit hingegen beschreibt die Fähigkeit eines Materials, bei Verdrehungen stabil zu bleiben. Diese Torsionsmomente sind bei Welle-Nabe-Verbindungen vertreten, wie sie im Antriebsstrang von Autos zur Übertragung des Drehmomentes vom Motor auf die Räder verwendet werden.

Eine Grafik verdeutlicht die Unterschiede zwischen Scherfestigkeit und Torsionsfestigkeit.

Wechselfestigkeit

Eine weitere Festigkeitsart ist die Wechselfestigkeit, die die Widerstandsfähigkeit eines Materials gegenüber schwingenden Belastungen oder wiederholten Lastwechseln beschreibt. Sie ist besonders relevant für Bauteile, die dauerhaft wechselnden Zug-, Druck-, Biege- oder Torsionsbelastungen ausgesetzt sind, wie z. B. Brücken, Flugzeugflügel oder rotierende Maschinenteile. Da solche Belastungen langfristig zur Materialermüdung und zum Schwingbruch führen können, ist die Wechselfestigkeit ein entscheidender Faktor für die Langlebigkeit und Sicherheit dieser Bauteile.

Wie wird die Festigkeit gemessen?

Die Festigkeit eines Materials wird durch genormte, mechanische Prüfverfahren ermittelt, die gezielt bestimmte Belastungsarten simulieren, wie Zug-, Druck- oder Biegekräfte sowie Torsionsmomente. Ein zentraler Test zur Bestimmung der Materialeigenschaften ist der Zugversuch. Dabei wird eine durch Norm definierte Probenform gedehnt, meist bis zum Bruch oder zur Einschnürung. Während des Zugversuchs wird das Spannungs-Dehnungs-Diagramm aufgezeichnet – ein Diagramm, das die Beziehung zwischen der aufgebrachten Kraft über dem Probenquerschnitt und der resultierenden Verformung (Dehnung) darstellt.

Das Spannungs-Dehnungsdiagramm

Aus dem Spannungs-Dehnungs-Diagramm können folgende Kennwerte ermittelt werden:

  • Elastizitätsmodul: Das Elastizitätsmodul beschreibt die Steifigkeit eines Materials. Es gibt also an, wie stark die elastische Verformung sich bei einer bestimmten Kraft verhält.
  • Streckgrenze: Die Streckgrenze ist der absolute Wert, an dem das Material beginnt, sich dauerhaft zu verformen. Jede Belastung darunter führt zu einer vollständigen Rückkehr zum Ausgangszustand.
  • Zugfestigkeit: Der maximale Punkt im Diagramm zeigt die Zugfestigkeit, also die höchste Spannung, die das Material aushält, bevor es versagt.

Das Spannungs-Dehnungs-Diagramm liefert also wertvolle Hinweise auf das Materialverhalten, wie das elastische Verformungsverhalten sowie wichtige Kennwerte. Es erlaubt jedoch keine exakten Berechnungen, da der Zugversuch auf idealisierten Bedingungen basiert, bei denen eine einachsige, reine Zugbelastung angenommen wird. In der Realität treten jedoch meist Kombinationen aus Zug, Druck und Biegung auf. Daher lassen sich die Ergebnisse des Zugversuchs nicht direkt auf reale Belastungssituationen übertragen. Die ermittelten Werte dienen vielmehr als Vergleichsgrößen und werden durch Sicherheitsfaktoren ergänzt, um die Abweichungen zwischen Theorie und Praxis auszugleichen.

Festigkeit, Härte und Steifigkeit im Überblick

Die Begriffe Festigkeit, Härte und Steifigkeit werden häufig miteinander verwechselt oder gleichgesetzt, obwohl sie wichtige, aber unterschiedliche Eigenschaften eines Materials beschreiben. Es ist entscheidend, diese Unterschiede zu verstehen, da sie in der Praxis verschiedene Anforderungen an Materialien widerspiegeln.

Was ist der Unterschied zwischen Festigkeit und Härte?

Festigkeit beschreibt die Fähigkeit eines Materials, Belastungen zu widerstehen, ohne zu brechen oder sich dauerhaft zu verformen. Sie gibt an, wie stark ein Material mit einer Kraft belastet werden kann, bevor es versagt. Ein Material mit hoher Festigkeit bleibt auch unter starker Belastung stabil.

Härte hingegen misst, wie widerstandsfähig die Oberfläche eines Materials gegenüber dem Eindringen eines anderen Körpers ist. Sie bezieht sich also auf die Verschleißfestigkeit. Ein Material kann sehr hart und kratzfest sein, aber dennoch spröde und anfällig für Brüche, wie es zum Beispiel bei Keramik der Fall ist. Umgekehrt kann ein Material mit hoher Festigkeit eine geringere Härte aufweisen und trotzdem sehr robust bleiben. 

Was ist der Unterschied zwischen Festigkeit und Steifigkeit?

Die Steifigkeit beschreibt den Widerstand eines Materials gegen elastische Verformung – also eine Verformung, die sich nach der Entlastung vollständig zurückbildet. Solange die Belastung unterhalb der Streckgrenze bleibt, ist die Verformung rein elastisch. Wird die Streckgrenze überschritten, tritt zusätzlich eine plastische Verformung auf. Beim Entlasten geht dann nur der elastische Anteil zurück, während der plastische Anteil als bleibende Verformung bestehen bleibt. Ein steifes Material verformt sich bei Belastung nur geringfügig, es ist also weniger flexibel und behält seine Form besser bei.

Im Gegensatz dazu beschreibt die Festigkeit, wie viel Belastung ein Material insgesamt aushalten kann, bevor es versagt oder dauerhaft plastisch verformt wird – also außerhalb der Gleichmaßdehnung, beispielsweise wenn eine Zugprobe durch Einschnürung versagt.

Einflussfaktoren der Materialfestigkeit

Die Festigkeit eines Materials hängt von mehreren grundlegenden Faktoren ab. Zu den wichtigsten Einflussgrößen zählen der atomare Aufbau und die Mikrostruktur des Materials. In metallischen Werkstoffen etwa beeinflussen Eigenschaften wie die Korngröße und die Versetzungsdichte die Festigkeit maßgeblich. 

Feinkörnigere Strukturen und eine höhere Versetzungsdichte erhöhen die Festigkeit, da sie die Bewegung von Gitterstörungen – also kleine Defekte in der Kristallstruktur – behindern und so den Widerstand gegen Verformung steigern. Auch Legierungselemente und die Wärmebehandlung des Materials spielen eine Rolle, da sie gezielt die Materialstruktur beeinflussen und so die Festigkeit optimieren können. 

Erhöhte Festigkeit durch Kaltumformung: moderne Technologien von Felss

Die Kaltumformung bietet bedeutende Vorteile für die Fertigung von Bauteilen, insbesondere wenn es um erhöhte Festigkeit und Leichtbau geht. Bei Felss setzen wir spezialisierte Verfahren wie Axialformen, Rundkneten und Walzen ein, um Bauteile präzise und robust zu fertigen. Im Gegensatz zu spanabhebenden Verfahren, bei denen Material abgetragen wird, führt die Kaltumformung zu einer Verfestigung des Materials. Durch die einwirkenden hohen Druckkräfte steigt die Versetzungsdichte im Material, was zu einer lokalen Erhöhung der Festigkeit führt. Dieser Effekt kann die mechanischen Eigenschaften des Werkstoffs deutlich verbessern.

Ein entscheidender Vorteil der Kaltumformung ist die Möglichkeit, belastungsgerechte Materialverteilung zu verwirklichen und festigkeitssteigernde Effekte für besonders leichte Bauteile zu nutzen. Auch der Energieaufwand ist geringer als beim Schmieden bzw. Warmumformverfahren, da das Verfahren ohne zusätzliche Erwärmung auskommt. Dies spart nicht nur Energie, sondern ermöglicht auch die Herstellung komplexer, hochpräziser Bauteile – optimal für die Anforderungen der Automobilindustrie und andere technologieintensive Branchen.

Anwendungen: Wo spielt die Festigkeit eine besonders große Rolle?

Die Festigkeit eines Materials ist in zahlreichen Branchen entscheidend, da sie die Belastbarkeit, Sicherheit und Haltbarkeit von Bauteilen direkt beeinflusst. Besonders dort, wo Menschenleben gefährdet sein könnten – beispielsweise durch schwere Lasten, hohe Geschwindigkeiten oder extreme Drehzahlen – spielt die Festigkeit eine zentrale Rolle. Hier einige wesentliche Anwendungsbereiche:

  • Verkehrswesen: In der Automobilindustrie, im Schienenverkehr und in der Luftfahrt ist eine hohe Festigkeit unerlässlich. Komponenten wie Achsen, Antriebswellen oder Karosserieteile müssen enormen Kräften standhalten, um die Sicherheit der Insassen zu gewährleisten. Gleichzeitig ermöglicht die Festigkeit eine Leichtbauweise, die Effizienz und Langlebigkeit erhöht und Kraftstoff- bzw. Energieverbrauch reduziert.
  • Luft- und Raumfahrt: Hier ist Festigkeit in Kombination mit geringem Gewicht besonders gefragt. Flugzeuge und Raumfahrzeuge benötigen Bauteile, die enormen Kräften standhalten, aber gleichzeitig leicht genug sind, um die Leistung zu optimieren und den Treibstoffverbrauch zu senken. 
  • Maschinenbau: Produktionsanlagen und Werkzeugmaschinen müssen täglich extremen Bedingungen und hohen Belastungen standhalten. Hochfeste Bauteile sind hier unverzichtbar, um einen reibungslosen und langlebigen Betrieb sicherzustellen. 
  • Bauwesen: Im Bauwesen steht die Sicherheit von Menschen im Vordergrund. Gebäude, Brücken oder Strommasten müssen hohen Lasten und widrigen Umwelteinflüssen standhalten, um Stabilität und Sicherheit zu gewährleisten und Katastrophen wie Einstürze zu verhindern.

Kurz zusammengefasst: Festigkeit

Festigkeit ist ein zentraler Begriff in der Materialtechnik, der die Fähigkeit eines Werkstoffs beschreibt, Belastungen zu widerstehen. Unterschiedliche Arten der Festigkeit wie Zug-, Druck- und Biege- sowie Torsionsfestigkeit sind entscheidend für die Funktion und Sicherheit von Bauteilen. Verfahren wie die Kaltumformung führen zu einer lokalen Festigkeitssteigerung, die in bestimmten Fällen vorteilhaft genutzt werden kann – etwa durch den Einsatz günstigerer oder weniger Materialien oder das Wegfallen einer zusätzlichen Härteoperation. Dies verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Materialeigenschaften gezielt an den Anwendungsfall anzupassen – ob in der Automobilindustrie, der Luftfahrt oder anderen Branchen.

Autor: Nicolas Heck Coordinator Marketing & Communications

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