Kaltumformung

Als Kaltumformung bezeichnet man die Bearbeitung metallischer Werkstoffe bei einer Arbeitstemperatur unterhalb der Rekristallisationstemperatur. Sie ist einer der Kernkompetenzen von Felss. Grund genug, sie uns heute einmal näher anzusehen. Wie funktioniert Kaltumformung eigentlich? 

Nicolas Heck

Veröffentlicht
21. Mai 2024

Physikalische Prinzipien der Kaltumformung 

Wenn eine Schmelze erkaltet, bilden sich – ausgehend von sogenannten Kristallisationskeimen – Kristalle aus. Die Kristalle wachsen beim Erkalten je nach Abkühlgeschwindigkeit in unterschiedlichen Größen und bilden so die Gefügestruktur des Werkstoffes. Diese Kristallbildung ist entscheidend für die Eigenschaften des Metalls, da die Größe und Anordnung der Kristalle die mechanischen Eigenschaften wie Härte, Zähigkeit und Festigkeit beeinflussen. 

Bei der Kaltumformung wiederum wird diese Gefügestruktur durch die Einwirkung starker Zug- und Druckkräfte verändert aber nicht zerstört, indem die Kristalle selbst verformt werden. Dadurch entstehen, einfach erklärt, auf molekularer Ebene Verschiebungen in der Gitterstruktur des Werkstoffes. Die Folge ist eine erhöhte Spannung innerhalb des Materials. 

Diese Spannungen sind durchaus erwünscht, da sie zur Kaltverfestigung des Materials und infolgedessen zu einer Erhöhung der Festigkeit des Werkstücks führen. So können Werkstücke hergestellt werden, die bei gleicher Belastbarkeit wesentlich dünnwandiger sein können als ihre gegossenen oder geschmiedeten Pendants. Dies ist vor allem im Leichtbau von großer Relevanz. 

Vorteile der Kaltumformung

In der Regel findet Kaltumformung bei Raumtemperatur statt. Sie ermöglicht die Einhaltung engster Maßtoleranzen bei gleichzeitig kurzen Bearbeitungszeiten. Im Gegensatz zu spanenden Verfahren wird kein Material abgetragen, somit fällt auch kein Abfall an und die natürliche Faserrichtung des Materials wird nicht zerschnitten.  

Kaltumformung vs. Warmumformung 

Im Unterschied zur Warmumformung ist bei Werkstücken, die mittels Kaltverfestigung hergestellt wurden, keine abschließende Härtung erforderlich. Auch kommt es natürlich nicht zu Verzunderungen an der Oberfläche des Werkstücks. Jedoch sind höhere Umformkräfte nötig als bei der Warmumformung. Außerdem kann es zu einer Veränderung der magnetischen Eigenschaften des Werkstücks und von dessen elektrischer Leitfähigkeit kommen. 

Wichtigster Vorteil der Kaltumformung ist jedoch die schon erwähnte spannungsbedingte Erhöhung der Festigkeit des Werkstücks bei gleichzeitiger Reduktion der Duktilität des Materials.  

Industrielle Nutzung der Kaltumformung 

Die Kaltumformung von Metall ist unter anderem in der Herstellung von Kupferdrähten weit verbreitet, um diesem relativ weichen Metall eine höhere Festigkeit zu verleihen. Bei Felss kommt die Kaltmassivumformung hingegen zum Einsatz, um Komponenten für die Automotive-, Luftfahrt- und Feinmechanikbranche zu fertigen, die besonders leicht und gleichzeitig hochbelastbar sind. Diese Prozesse nutzen die Vorteile der Kaltumformung, wie die Erhöhung der Festigkeit durch Kaltverfestigung und die Fähigkeit, enge Maßtoleranzen und gute Oberflächeneigenschaften zu erreichen. 

Dazu setzen wir verschiedene Verfahren, wie das Rundkneten, das Axialformen, das Ultrapräzisionswalzen und mehr ein, um das Werkstück in die gewünschte Form zu bringen. Hier erfahren Sie mehr zu unseren Technologien. 

Wie warm wird das Material? 

Hier stellt sich natürlich die Frage, bis zu welcher Temperaturgrenze eine Kaltumformung möglich ist. Eine weitverbreitete Faustregel besagt, dass bei 40 % – 50 % der Schmelztemperatur eines Werkstoffes dessen Rekristallisationstemperatur erreicht ist. Ab diesem Punkt hat man es also mit einer Warmumformung zu tun. Dies ist bei Blei bereits bei Raumtemperatur der Fall, während diese Temperaturgrenze bei vielen Stählen auch bei über 200 °C noch nicht erreicht ist. 

Die Rekristallisationstemperatur hängt aber auch davon ab, wie stark die bei der Umformung wirkenden Kräfte sind. Auch kann sie thermomechanisch erhöht werden, indem den betreffenden Werkstoffen Titan oder Niob als Legierungselemente zugesetzt werden. 

Rekristallisationsglühen stellt ursprüngliche Eigenschaften wieder her 

Manchmal ist eine Festigkeitssteigerung aber auch hinderlich. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn ein Werkstück nach der Kaltumformung weiterbearbeitet werden soll. In solchen Fällen kann mithilfe des Rekristallisationsglühens (einer Wärmebehandlung) seine ursprüngliche Umformbarkeit wiederhergestellt werden.  

Speziell für die einfache Weiterverarbeitung kaltgewalzter oder kaltgezogener Drähte und Bleche ist es von großer Bedeutung. Das Verfahren kommt jedoch auch als Zwischenschritt zwischen zwei Kaltumformungsprozessen zum Einsatz, um die Bearbeitung zu erleichtern. 

Die Zukunft der Kaltumformung 

Die Kaltumformung ermöglicht, bedingt durch die Erhöhung der Festigkeit des Materials, die Herstellung besonders leichter, aber gleichzeitig hochbelastbarer Bauteile. Dies ist vornehmlich im Rahmen der E-Mobility von großer Bedeutung. Hier kann speziell durch hohle Wellen eine erhebliche Gewichtseinsparung erzielt werden. 

Felss nutzt die Vorteile der Kaltumformung, wie die Erhöhung der Festigkeit durch Kaltverfestigung und die Fähigkeit, enge Maßtoleranzen und hervorragende Oberflächeneigenschaften zu erreichen für die Entwicklung effizienter und präziser Maschinen und Werkzeuge zur Herstellung solcher Bauteile. Bei Felss sind wir sowohl mit unseren Maschinen zur Kaltumformung als auch bei der Komponentenfertigung im Kundenauftrag bei diesen Entwicklungen ganz vorn. 

Fazit 

Kaltumformung ist eine effiziente Methode der Metallbearbeitung, die hochfeste, dünnwandige Werkstücke ohne Materialverlust produziert. Dieses Verfahren ermöglicht die Herstellung von hochfesten und dünnwandigen Werkstücken durch die Veränderung der Gefügestruktur des Metalls auf molekularer Ebene, was eine spannungsbedingte Kaltverfestigung bewirkt. 

Im Vergleich zur Warmumformung erfordert sie keine nachträgliche Härtung und vermeidet Verzunderungen. Diese Technik findet breite Anwendung in Industrien wie Automobilbau und Luftfahrt, wo Präzision und Leichtbau entscheidend sind. Bei Felss nutzen wir innovative Kaltumformtechniken zur Entwicklung effizienter Maschinen und Werkzeuge für diese Branchen. 

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